Dresden – Das Konzept Brötchen und andere Backwaren vom Vortag in einer eigenen Bäckerei zu verkaufen trifft bei vielen Menschen auf Zuspruch. Um der alltäglichen Lebensmittelverschwendung entgegen zu wirken, klingt dieses Prinzip nach einem Lösungsansatz. Es gibt dem ausführenden Betrieb obendrein sogar ein sehr soziales Image. Jedoch sieht man als außenstehende Person nicht, wie es den Mitarbeiter*innen im Geschäft bei ihrer Arbeit oder Lohnzahlung ergeht. Was macht es mit den Menschen, wenn sie jederzeit fristlos gekündigt werden können, wenn sie kein Urlaubsgeld bekommen und auch der ausstehende Lohn nicht gezahlt wird? Dann ist es ganz schnell vorbei mit dem Image des sozialen Backbetriebes.
So passierte es in der „Tag Zwei Bäckerei“ auf der Kamenzerstraße in der Dresden Neustadt. In einem Text vom 20.Juli 2020 berichtete die Dresdner Basisgewerkschaft Freie Arbeiter Union (FAU) auf ihrer Website genau davon. „Die FAU Dresden fordert die Auszahlung ausstehender Löhne, die Auszahlung von Urlaubsentgelt und die Rücknahme der illegalen Kündigung für die Beschäftigte“. Die Gewerkschaft beschreibt den Konflikt damit, dass es „leider nicht um die große Verbesserung der Arbeitswelt geht, im Gegenteil es geht um die Einhaltung grundsätzlicher Arbeitsrechte“. Hier geht es um Arbeitsstunden die bezahlt werden müssen und Urlaubsentgelt, welches auch im Minijob zusteht.
Anfang Juli gab es auch ein Gespräch mit dem Unternehmer und Chef der „TagZwei-Bäckerei“ J. Zscheile. Dieser rief die Gewerkschaft erbost an, da im Umfeld der Bäckerei Plakate hingen, welche über Arbeitsrechte in Minijobs aufklärten. Die Gespräche liefen laut Gewerkschaft nicht erfolgversprechend. „In diesem Gespräch, welches eigentlich dazu dienen sollte, eine gemeinsame Lösung für unser Problem zu finden, zeigte Herr Zscheile keinerlei Verhandlungsbereitschaft in Bezug auf unsere Forderungen“, teilte die Gewerkschaft mit.
Am 24.Juli 2020 organisierte die FAU Dresden eine Protestkundgebung auf der Kamenzerstraße 42b, also genau vor der „TagZwei-Bäckerei“, um die Debatte in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. „Mit einer Kundgebung und Öffentlichkeitsarbeit wollen wir Herrn Zscheile die Ernsthaftigkeit unseres Anliegen deutlich machen, so die Gewerkschaft.
Dann kam es am 31.Juli zu einer Güteverhandlung im Arbeitsgericht Dresden auf der Hans-Oster-Straße 4. Bei dem Gütetermin vor der 3. Kammer des Dresdner Arbeitsgericht konnte die Basisgewerkschaft eine Einigung mit Zscheile erzielen. So konnte eine Abfindung und Lohnnachzahlung von 3100€, die Umwandlung von der fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung und ein wohlwollendes Arbeitszeugnis erstritten werden. Die Gewerkschaft schreibt dazu: „Dieser Fall zeigt einmal mehr: Sich wehren lohnt sich – und das nicht nur (aber auch!) zur Verteidigung der eigenen Würde, sondern eben auch finanziell. Zscheile gab an, dass u.a. die Kundgebung, die Informationskampagne und die daraufhin ausbleibenden Kund*innenbesuche ausschlaggebend für seinen Willen zur Einigung waren“.
Da aber immer noch nicht klar ist ob die dort arbeitenden Kolleg*innen ihr Urlaubsentgelt bezahlt bekommen geht die Gewerkschaft davon aus, dass dieser Konflikt früher oder später nochmal auftauchen wird. Abschließend legt die FAU Dresden allen Kolleg*innen nahe: „kommt spätestens bei Kündigung zu uns. Um so früher ihr euch in Gewerkschaften organisiert, desto besser wisst ihr um eure Rechte und die gewerkschaftlichen“.
Quelle: SPM Gruppe/ JSF