Keine Stimme für junge Menschen in Freiberg?

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Die Ergebnisse der U-18 Oberbürgermeisterwahl wurden bis heute nicht veröffentlicht. Die Antwort wirft viele Fragen auf.

Am kommenden Sonntag wählen die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Freiberg eine*n neue*n Oberbürgermeister*in. Nur über 18-Jährige dürfen wählen gehen, doch die Stadt bemüht sich um Jugendbeteiligung. Das Kinder- und Jugendparlament soll Jugendliche an die Politik heranführen und zur politischen Bildung beitragen. Es ist an das Jugendzentrum namens Pi-Haus angegliedert, eine städtische Einrichtung.

So fand im Pi-Haus am 3. Mai 2022 eine U-18 Wahl statt. Sie war Teil einer größeren Veranstaltung: Alle Kandidat*innen diskutierten auf einem Podium und stellten sich den Fragen der Jugendlichen. Im Anschluss durften die Jugendlichen ihren Oberbürgermeisterkandidaten wählen.

Es ist nicht das erste Mal, dass U-18 Wahlen in Freiberg durchgeführt wurden. Auch im Zuge von Bundestags- und Europawahl wurden die jungen Menschen nach Ihrer Meinung gefragt.

Der einzige Unterschied: Dieses Mal bleiben die Ergebnisse unveröffentlicht. Bis heute weiß die Öffentlichkeit nichts darüber, für wen sich die Jugendlichen entschieden hätten, dürften sie wählen gehen. Nirgends lassen sich Informationen zu dieser Wahl finden, lediglich die Ankündigung im Vorfeld ist über die Homepage der Stadt Freiberg abrufbar. Beworben worden sei die Veranstaltung sowohl über das Internet als auch durch Plakate und Flyer, die in der Stadt auslagen, erläutert die Pressestelle der Stadt Freiberg.

Warum werden die Ergebnisse nicht veröffentlicht?

Die Mitarbeitenden des Kinder- und Jugendparlaments und des Pi-Hauses antworteten auf jegliche Anfragen nur spärlich. Nur die offizielle Pressestelle der Stadt dürfe sich dazu äußern.

Diese allerdings antwortete lange Zeit nicht auf Anfragen bezüglich der U18-Wahl. Erst nach mehrmaligem Nachhaken verwies die Pressesprecherin auf die Rechtsaufsicht, die ihnen abgeraten hätte, die Wahlergebnisse zu veröffentlichen.

Die Rechtsaufsicht bestätigt diese Empfehlung: „Es sei eine Grauzone.“ Da die Rechtsprechung bezüglich unzulässiger Wahlwerbung sehr restriktiv sei, habe man sich dazu entschieden, die Ergebnisse nicht zu veröffetnlcien, wie ein Mitarbeiter des Landratsamtes sagte.

Jochen Rozek, Juraprofessor der Universität Leipzig, bestätigt diese Bedenken. In diesem Fall könne dem Oberbürgermeister Wahlbeeinflussung vorgeworfen werden, sollten die Wahlergebnisse in unmittelbarem Vorfeld der offiziellen Oberbürgermeister Wahl veröffentlicht werden.

Lennard Roth ist im Vorstand des Jugendparlaments. Der 16-Jährige vom Geschwister-Scholl Gymnasium weiß, wie die Wahl ausgegangen ist, da er die Stimmzettel ausgezählt hat. Die anderen Teilnehmenden hätten die Ergebnisse bisher nochnicht erfahren, sagt Lennard. Er selbst habe damit gerechnet, dass die Veröffentlichung der Ergebnisse dauern wird. Am Freitag, den 10. Juni, also zwei Tage vor der offiziellen Wahl dürfen alle Schüler*innen des Geschwister-Scholl Gymnasiums wählen. Alle Ergebnisse sollen am Ende gemeinsam veröffentlicht werden, wie es auch bei den vergangenen Wahlen üblich gewesen sei. Von der Begründung, dass die Ergebnisse auf Grund möglicher Wahlbeeinflussung nicht veröffentlicht werden, habe Lennard noch nichts gehört.

Am gestrigen Dienstag, den 7. Juni, nannte auch die Stadt Freiberg auf erneute Nachfrage der Freien Presse die Wahl am Geschwister-Scholl-Gymnasium als Grund für die Nichtveröffentlichung. Warum der Termin für die Wahl am Geschwister-Scholl Gymnasium so spät gewählt wurde, ist unklar.

Warum wusste das niemand vorher?

Wäre es im Vorfeld klar gewesen, dass die Wahlergebnisse nicht hätten veröffentlicht werden dürfen, hätte die Wahl so vermutlich nicht stattgefunden, erklärte die Vertreterin der Stadt Freiberg.

Die Kommunalaufsicht hingegen konnte keine Auskunft darüber geben, zu welchem Zeitpunkt die Bedenken aufkamen. Das wüsste man nicht so genau, heißt es. Sven Krüger, derzeitiger Oberbürgermeister, sei an die Kommunalaufsicht herangetreten, um diesen Fall prüfen zu lassen. Ob das vor oder nach der U-18 Wahl passierte, bleibt unklar. Äußern wollte sich der Oberbürgermeister bisher nicht dazu. Mehrere Kontaktversuche und E-Mails mit konkreten Fragen blieben unbeantwortet:

– Warum wurden U-18 Wahlen durchgeführt, obwohl sie nicht veröffentlicht werden dürfen?

– Warum wurde das nicht im Vorfeld mitgedacht?

– Weiß der Oberbürgermeister, wie die Wahl ausgegangen ist?

Quelle: Hannah Jagemast