Zwischen den Fronten: Straftaten und Rangeleien am Rande von Pegida

Dresden. Es sind fast immer die gleichen Bilder, wenn Pegida aller zwei Wochen montags die Gemüter in der Dresdner Innenstadt in zwei Fronten spaltet. Zum einen gibt es die Anhänger der fast 6 Jahre alten Protestbewegung um Pegida und zum anderen jene, welche sich für eine solidarische und weltoffene Gemeinschaft eingestehen und den Verschwörungen, dem Hass und der Hetze entgegen wirken wollen. Jedoch dominiert derzeitig ein weiteres Thema, welches die Aufmerksamkeit der Gegenprotestler einnimmt.   

Der Umgang von Polizeibeamt*innen mit den Teilnehmer*innen von Demonstrationen, bei welchen der Vorwurf der „Polizeigewalt“ laut wird rückt immer weiter in den Fokus der BetroffenenJedoch gibt es um den Begriff schon Streitigkeiten. Wo für die Demonstranten die Abgrenzung klar ist, nämlich jede Tathandlung, die das Leid einer betroffenen Person in Kauf nimmt“, betrachtet die Polizei Sachsen die Sache aus einem anderen Blickwinkel: „Den Begriff „Polizeigewalt“ verwenden wir nicht. Wir prüfen, ob die staatlich legitimierte Anwendung von unmittelbaren Zwangs durch die Polizeibeamten rechtmäßig war. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Verhältnismäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen, erklärte Thomas Geithner, Polizeisprecher der Polizeidirektion Dresden, auf Nachfrage. So wurde auch auf Kundgebungen am 31.08.2020 durch die Polizei unmittelbarer Zwang angewendet, wie aus einer Medieninformation hervor geht. Während des Aufzugs des Pegida e. V. setzten sich mehrere Menschen auf die  Schloßstraße sowie in den Gleisbereich der Wilsdruffer Straße. Weitere Versuche auf die die Aufzugstrecke zu gelangen, insbesondere im Bereich der Wilsdruffer Straße, wurden durch Einsatzkräfte unter Anwendung unmittelbaren Zwangs unterbunden, hieß es. Augenzeugen berichteten, dass es immer wieder Übergriffe der Polizei auf Gegendemonstrant*innen gegeben haben soll. Entsprechendes Videomaterial liegt der Redaktion vor, welches die vermeintlichen Übergriffe der Polizei darstellt. Auch eine Anzeigen gegen einen Polizeibeamten war zu verzeichnen: Ein Versammlungsteilnehmer des Gegenprotestes erstattete zudem Anzeige, weil er von einem Polizeibeamten geschubst wurde“, berichtetet die Polizeidirektion Dresden nach dem Ereignis. Auch forderten Demonstranten die Polizeibeamt*innen mehrfach auf, dass sie sich Ausweisen sollen, dem nicht nachgekommen wurde. Auf Anfrage war der Polizei dieser Sachverhalt nicht bekannt. Während des Aufzuges von Pegida waren mehrere Stellen durch Gegendemonstrant*innen blockiert, welche durch die Polizei geräumt oder eingekesselt wurden. An der Wilsdruffer Straße kam es unterdessen dazu, dass eine Person von Polizeibeamt*innen über das Gleisbett der Straßenbahn gezogen, wie Videos auf der Social-Media-Plattform Twitter zeigen. Laut Polizei war ein „mehrfaches Anrennen gegen unsere Einsatzkräfte mit dem offensichtlichen Ziel, den Aufzug von Pegida e.V. zu stören dem Ereignis vorausgegangen, wie Polizeisprecher Thomas Geithner mitteilteDie geschädigte Person musste sich in medizinische Behandlung begeben. Eine Betreuung durch (scheinbar eigene) Sanitäter erfolgte im Übrigen umgehend, so Geithner weiter. Die Gewalt der Polizist*innen auf Demonstrationen war auch einer der Hauptgründe der Gegendemonstration am vergangenen Montag. Dabei forderten die Teilnehmer*innen ein generelles, deeskalierendes Verhalten von Einsatzkräften, ein Ende der Kriminalisierung von Antifaschist*innen, Gleichbehandlung und eine bessere Ausbildung der Einsatzkräfte im Bereich des VersammlungsrechtsGleichzeitig machten die Demonstrant*innen darauf Aufmerksam, dass die Medienhäuser nicht ungesehen Meldungen der Polizei übernehmen sollen: “Die Polizei ist keine neutrale, außenstehende Person, sondern Teilnehmer am Geschehen und besitzt keine herausgehobene Position in der Darstellung von Ereignissen, heißt es in den Forderungen.  

Neben den verschiedenen, teilweise fragwürdigen Handlungen der Polizei machte auch das Thema des Gesundheitsschutzes immer wieder die Runde. Die Kundgebung von Pegida prallte damit, dass es auf ihrer Kundgebung keine Pflicht zum Tragen eines „Maulkorbes“ gäbe. Viele beschwerten sich auch über das Thema oder machten sich lautstark darauf Aufmerksam, dass es keine Gefahr gäbe. Eine Person der Pegida-Demonstration trug einen einen String als Mundschutz und rief: „Hier seht ihr, wie ernst ich das Thema nehme“. Auf Anfrage bestätigte das Dresdner Ordnungsamt, dass es keine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf den Demonstrationen gab. „Gemäß den seit Monaten geltenden Regelungen in den verschiedenen Corona-Schutz-Verordnungen in der Bundesrepublik Dresden unterscheiden alle Verordnungen seit längerem zwischen Veranstaltungen und Versammlungen/Ansammlungen im öffentlichen Raum, so auch in Sachsen. Gemäß der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung vom 14. Juli 2020, […] sind gemäß § 2 Abs. 9 lediglich der Mindestabstand einzuhalten“, so die Pressestelle der Stadt Dresden. Präziser wurde Mitgeteilt, dass bereits seit längerem, konkret dem 6. Juni 2020, keine Maskenpflicht auf Versammlungen mehr gibt. Laut Versammlungsbehörde waren die Teilnehmer dazu angehalten, dass ein Mindestabstand von mindestens 1,5m zu anderen Personen eingehalten wird. Jedoch war dies auf den Veranstaltungen, vor allem aber bei Pegida nicht sichtbar. Verfügt wurde jedoch ein Sicherheitsabstand zu Gewerbetreibenden. Eine Auflösung der Versammlung kam für die zuständige Ordnungsbehörde jedoch nicht in betracht. Grundsätzlich können laufende Versammlungen nach § 15 Abs. 3 SächsVersG aufgelöst werden, sofern eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gegeben ist. Vor einer Auflösung einer Versammlung sind stets mildere Mittel (z. B. den Ausschluss von Personen, welche die Ordnung grob stören) in Betracht zu ziehen“, teilte das Ordnungsamt der Stadt Dresden auf Anfrage mit. Fehlende Mund-Nasen-Bedeckungen waren aber hingegen bei den Beamten der Polizei zu sehen, welche dazu angehalten sind, einen Mundschutz beim Personenkontakt zu tragen. Die Demonstrant*innen forderten diese mehrfach mit Gesängen des Inhaltes: „Wo-Wo-Wo sind Eure Masken“, zum Tragen eines Mundschutzes auf, welchen oft nicht nachgekommen wurde. Polizeisprecher Geithner erklärte die Lage wie folgt: Die Einsatzkräfte sind angewiesen die Mund-Nasen-Masken zu tragen, wenn der Mindestabstand von 1,50 Metern nicht eingehalten werden kann. Davon abgewichen werden kann, wenn es aufgrund einer plötzlichen, nicht vorhersehbaren Einsatzsituation zum Unterschreiten des Mindestabstandes kommt. Genau zu derartigen Situationen ist es – aufgrund der Dynamik und Hektik […] mehrfach gekommen“.  

Der Protest von Pegida war laut Pressestelle der Stadt Dresden mit 600 Personen angemeldet. Der Anmelder der Kundgebung war der Pegida Förderverein e.V. Es war bereits die 216. Pegida-Demonstration in der sächsischen Landeshauptstadt. Zum Trennen der unterschiedlichen Personengruppen waren 300 Polizist*innen der Polizeidirektion Dresden zusammen mit der sächsischen Bereitschaftspolizei im Einsatz. Auf Anfrage teilte die Polizei Dresden mit, wie eine Trennung von Kundgebungen mit sich konfrontierendem Inhalt ablaufen sollte: „Im besten Fall gelingt die Trennung kommunikativ. Dieser Ansatz funktioniert aber nur, wenn es alle Beteiligten wollen. Alternativ sorgen für die Trennung Fahrzeuge, Gitter oder auch Einsatzkräfte“, so Geithner. Abschließend erklärte die Dresdner Polizei, dass ein Protest in Hör- und Sichtweite einen friedlichen Verlauf voraussetzt. Im Rahmen des Einsatzes leitete die Polizei mehrere Strafverfahren ein. Unter anderem wird gegen einen 18.-Jährigen wegen versuchter Körperverletzung ermittelt, da er einen derzeit unbekannten Mann, der eine Deutschlandfahne mit sich führte, das Bein gestellte und versuchte die Fahne zu entreißen. „Ein 32-Jähriger muss sich wegen Körperverletzung verantworten, nachdem er einen Polizeibeamten ins Gesicht geschlagen hatte. Ein 18-Jähriger muss sich wegen Beleidigung verantworten, nachdem er an der Frauenstraße einem Polizeibeamten den Stinkefinger gezeigt hat. Gegen einen 41-Jährigen wurden Ermittlungen eingeleitet, nachdem er auf im Haltestellenbereich am Altmarkt den Hitlergruß gezeigt hatte“, teilte die Polizei weitere Straftaten in einer Medieninformation mit.  

Quelle: SPM Gruppe/ EFH/ MO/ EML