Kommentar: Widerstand gegen Lockdown-Light in Freiberg

Ein neuer Lockdown kommt, dass ist beschlossen. Welche Folgen das jeden Einzelnen hat ist noch nicht genau abzusehen. Viele Menschen werden sich in ihren Hobbys, ihren sozialen Kontakten und auch beruflich stark einschränken müssen. Ob diese Maßnahmen gerechtfertigt sind prüft unsere Judikative. So wurden schnell beschlossene Verordnungen dieses Jahr auch schon von Gerichten gekippt. Steigende Corona-Infektionszahlen und die extrem hohen Ansteckungs- und Krankheitsfälle in unseren Nachbarländern lassen hingegen bei vielen Menschen die Vermutung aufkommen, dass ein Lockdown an dieser Stelle doch das richtige Mittel der Wahl darstellt. Kritiker*innen können ihren Protest kundtun, wie es die Veranstaltungs- oder Gastronomiebranche oftmals vorgezeigt hat. Das sind Merkmale unserer Demokratie: Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind den Bürger*innen gewährt. Die Politik wurde und wird durch die Bevölkerung immer wieder zurechtgewiesen. Unüberlegt beschlossene Maßnahmen erfahren Widerstand. So sollte unsere Demokratie funktionieren.

In den letzten Wochen und Monaten sind es aber nicht die Kritiker*innen, die viel mediale Aufmerksamkeit bekommen, es sind die Corona-Leugner*innen. Was diese Personen schon so lange nährt und weitertreibt ist vermutlich deren Diversität. So laufen auf deren Demonstrationen Fundamentalist*innen neben Esotheriker*innen, Verschwörungstheoretiker*innen neben Politiker*innen, Reichsbürger*innen neben Hippies. Vergessen wir nicht die „ganz normalen Leute“, die von „Mutti Merkel“ genug haben. Die Forderungen dieser Menschen sind im Gegensatz zum lösungsorientierten Protest der Kritiker*innen nicht ernst zu nehmen. 

Auch die Alternative für Deutschland (AfD) Mittelsachsen hat ihre Chance gewittert neue Wähler*innen zu erreichen. Neben den sowieso islamophoben Unterstützer*innen der Partei wurde am Montag, dem 02.11., in Freiberg probiert auch die Leugner*innen zu erreichen. Gleich vier Parteimitglieder erzählten ihre Sorgen unter dem Motto „Gegen Islamismus und Corona-Diktatur“. Nach ziemlich unspektakulären Reden vom Romy Penz, und Dr. Rolf Weigand, zeigte der Ex-Polizist Lars Kuppi, was die AfD unter Islamismus versteht. Er machte die in Deutschland ansässigen Moscheen und damit das Ausleben des Glaubens für die Radikalisierung der rechtsextremen und islamistischen Terrorist*innen verantwortlich. Nach dieser äußerst fragwürdigen Erklärung bekam er für die Worte „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ großen Beifall. Doch neben dem verbittert-rechts Publikum erreichte die AfD mit ihrer Veranstaltung scheinbar genau das, was sie plante: Die seit Monaten mit Reichsflaggen, Q-Anon-Verschwörungssysmbolen und rechter Musik durch die Stadt Freiberg laufenden „Corona-Spaziergänger“ schlossen sich der Kundgebung an. So füllte sich der Schlossplatz in Freiberg, auf dem schon zuvor knapp 200 Personen waren um nochmal etwa 40 Menschen. Mit den typischen „Merkel-muss-weg“-Parolen und dem Leugnen, dass wir uns momentan trotz Lockdown weiterhin in einer Demokratie befinden erreichte man die Leute. Für die AfD Mittelsachsen ein durchaus gelungener Abend.

Erschreckend ist die allgemeine Rhetorik, mit der scheinbar demokratische Parteien Personen akquirieren möchten. Es wird bewusst ein Klima der Angst und des Untergangs geschaffen, um sich im nächsten Wahlgang von „Mutti“ zu befreien. In einem solch gefährlichen Klientel wäre eine verstärke Achtung und Kontrolle angebracht. Ob die Polizist*innen, welche die Kundgebung am Montagabend begleiteten genauso denken, ist Spekulation. Vielleicht ließ man die über 200 Menschen größtenteils ohne Maske demonstrieren, um deeskalierend wirken zu wollen. Vielleicht auch eine gut bekannte Polizeitaktik bei linken Demonstrationen: „Wer nicht hören will, muss spüren“. Auch wenn man mit gesundem Menschenverstand niemandem eine Corona-Infektion wünscht, bleiben bei der Einsatztaktik Fragezeichen.

Quelle: SPM Gruppe/ fcs/ rkf
Bild: SPM Gruppe/ ems