Ein kleines Stückchen Freiheit und Anarchie

von Athur S.

Die Sonne scheint, Musik spielt aus den Boxen und immer wieder laufen Menschen an den alten Gebäuden des ehemaligen „Putzi“- Geländes vorbei. An einem Freitag Mitte Januar hatten Menschen um die Gruppe „Wir besetzen Dresden“ zwei Häuser auf der Königsbrückerstraße 12-16 in der Dresdner Neustadt besetzt. Im Vorgarten haben die Tiere, wie sich die Besetzer*innen selbst nennen, zusammen mit Unterstützern eine Sitzecke mit Feuertonne aufgebaut, Planen wurden gespannt um vor Regen zu schützen und unter ihnen stehen ein paar Sofas, Kaffee, Tee sowie Glühwein für alle. Hinter den Häusern gab es ein ähnliches Bild. Es stehen Sofas herum, Menschen befreien das Gelände von Unkraut, um es begehbar zu machen und aus den Häusern hängen Transparente mit Grußworten an die Kolleginnen der benachbarten Fabrik. „Eine schöne Woche Kolleginnen, kommt doch mal vorbei“, steht auf einem von ihnen. Die Tiere wollen die Häuser instand setzen, sie also wieder nutzbar machen und ein Stadtteilzentrum etablieren.

Als ich am frühen Nachmittag am Feuer saß, wurde der Traum eines selbstbestimmten Lebens, ein klein wenig realer. Immer wieder kamen auch solidarische Menschen vorbei und brachten Werkzeug, Baumaterialien oder heiße Getränke. Später am Abend gab es Küche für alle (Küfa), Musik und die Stimmung war gut, denn zu diesem Zeitpunkt waren die Häuser der Königsbrückerstraße 100 Stunden besetzt. 100 Stunden Freiraum und 100 Stunden in denen geträumt, gelebt und gelacht wurde. Leider bekommen unsere Träume in dieser Welt und vor allem im mehr als konservativen Sachsen nicht immer die Räume die sie brauchen. So passierte das was passieren musste. Am Mittwoch dem 22.1. wurde das „Putzi“ dann von einer Armada von Polizei besucht. Doch die Tiere und alle solidarischen Menschen, blieben kämpferisch. Die Tiere entschlossen sich dazu das Gelände nicht zu verlassen. Warum auch, zwar gab es eine Anzeige der Eigentümer des Geländes, jedoch stand der Räumungstitel noch aus. Die Polizei entschloss sich dennoch dazu das Gelände zu räumen, nicht weil sie es mussten, sonder weil sie es wollten! Im Vorfeld, sagte die Polizei Sachsen man setze auf Deeskalation und „man wolle nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen“. Jedoch passierte genau dies. Es wurden 200 Beamte eingesetzt, um das Gelände zu Räumen. Auf die Forderung eines Höheninterventionsteam, reagierte das Team in blau mit 20 SEK‘lern, welche beim betreten des Geländes noch Maschinenpistolen bei sich trugen. Menschen die sich auf der abgesperrten Königsbrückerstraße befanden wurden mit Gewalt auf den Fußweg gestoßen. Menschen die sich vor die Einfahrten der angrenzenden Grundstücke stellten um nachzusehen, was mit den geräumten Personen passiert, wurden ebenfalls gewaltsam geräumt. Es war schockierend zusehen, wie viel Spaß die Beamten an diesem Tag hatten. 16:15 Uhr war das Schauspiel und die Machtdemonstration der sächsischen Polizei dann vorbei und das Gelände geräumt. Am Ende saßen noch 6 Menschen in Gewahrsam. Doch wo Schatten ist, dort gibt es auch Licht. So ließ sich die Feuerwehr nicht zum Spielball der Polizei machen und half nicht bei der Räumung, da keine Gefahr für Leib und Leben bestand. Auch ein paar Angestellte der benachbarten Fabrik sprachen mit den Demonstrierenden und ließen immer wieder durchblicken, dass sie es auch nicht gut fanden was da gerade passiert. Verständlich, wer fände es gut, wenn das Betriebsgelände den ganzen Tag von Einheiten der Polizei belagert wird.

Am Abend um 18 Uhr fanden sich dann noch einmal 300 Menschen am neustädter Alauenpark zusammen um zu zeigen was sie von der Räumung und dem Vorgehen der Polizei hielten. Die Demonstration zog mit schnellem Tempo in die Dresdner Neustadt. Es wurde unruhig in dem eigentlich so ruhigen Partyviertel. An der Spitze brannten Bengalos, Raketen schossen in den Himmel und die Stimmung war entschlossen und kämpferisch. Die Polizei schien überfordert und die Neustadt war in Rauch von Pyrotechnik gehüllt. Die Botschaft war klar: „Unsere Räume könnt ihr räumen, aber niemals könnt ihr das Feuer in unseren Herzen löschen“. Nach der Demonstration kehrte, wieder etwas ruhe im Viertel ein, aber der Kampf gegen steigende Mieten, Investor*innen die ihre Gebäude lieber verfallen lassen, als sie nutzbar zumachen geht weiter.

Foto Feuer: SPM Gruppe/ Erik Hoffmann/ Symbolbild